geschichte

Das Restaurant und Zunfthaus "Zum Grünen Glas" ist in den Liegenschaften Untere Zäune 15 und Obere Zäune 16 - einem etwas vergessenen Winkel der Altstadt von Zürich - beheimatet. Die beiden Liegenschaften sind erstmals 1310 urkundlich erfasst und hiessen damals "Schwarze Leiter" und "Blauer Stern".

 

Erst im Jahre 1684 wird der Name "Grünes Glas" erwähnt. Durch Schenkungen kamen die meisten Häuser in Besitz von Klöstern, namentlich des Barfüsserklosters. Das Zürcher Obergericht befindet sich heute auf dem Areal des ehemaligen Klosters. Die Häuser an der Unteren Zäune wurden damals auf Lebzeit an ältere Leute verkauft, die hier ihren Lebensabend verbringen wollten. Nach deren Tod fielen die Häuser wieder an den Verkäufer zurück. Ein besonderer Besitzer war ab 1842 für kurze Zeit Dr. Friedrich Ludwig (von) Keller, ein bekannter Jurist und Professor für römisches Recht. Keller gilt als eigentlicher Begründer der neueren schweizerischen Rechtswissenschaft. Als Führer der Liberalen hat er massgeblich Einfluss auf die Politik der 1830er Jahre genommen. Nach dem "Züriputsch" von 1839 sah er sich gezwungen, Zürich für eine Weile zu verlassen. 1844 wurde Keller als Professor für römisches Recht nach Halle und einige Jahre später nachBerlin berufen, wo er geadelt und Mitglied des preussischen Herrscherhauses wurde.

 

Ab 1845 ist eine Wirtschaft "Zum Grünen Glas" in der Liegenschaft Untere Zäune 15 nachweisbar. Der erste Wirt stammte aus Gotha und hiess Johann Gottfried Ludwig, der in Deutschland als Revoluzzer bekannt war. Er liess hinter dem Haus an der Oberen Zäune einen Fechtsaal bauen und unterrichtete die Studenten der nahen Universität in dieser Kunst. In der damaligen Einwohnerkontrolle wurde er als Fechtmeister aufgeführt. Ludwigs Ruf war legendär, seine Intelligenz und insbesondere seine vortrefflichen Latein- und Griechischkenntnisse sollen der Überlieferung nach manchem Dissertanten zugute gekommen sein. Einer der Studenten, ein gewisser Wilhelm C. Röntgen, soll aber anscheinend weder an den Fechtkünsten noch an den Sprachkenntnissen von Ludwig interessiert gewesen sein, sondern vielmehr an einer seiner Töchter, nämlich Anna Bertha. Sie soll sehr liebenswert gewesen sein, und hatte - der Legende nach sogar dem bekannten Morgenmuffel Gottfried Keller jeweils ein Lächeln entlocken können. Wilhelm Röntgen und Anna Bertha heirateten 1872 in Utrecht, Holland. Röntgen sollte am Ende des 19. Jahrhunderts mit den nach ihm benannten Strahlen Weltruhm erlangen und 1901 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet werden.

 

Um 1810 wurde gegenüber dem Restaurant das Zürcher Kasino gebaut. 1834 kam das erste Zürcher Theater, das Aktientheater, dazu. Zur Eröffnung am 10. Dezember 1834, wurde Mozarts "Zauberflöte" aufgeführt. Im Foyer des Theaters fanden von 1855 bis 1861 auch die Zusammenkünfte des Zürcher Börsenvereins statt. In der Neujahrsnacht 1890 brannte das Theater vollständig ab. Die Theaterfreunde liessen sich jedoch nicht entmutigen und bereits 12 Tage nach dem Brand wurde der Startschuss für den Neubau eines Stadttheaters gegeben, dem heutigen Opernhaus. Noch heute sieht man an der Westwand des Obergerichts (von der Obmannamtsgasse aus) den ehemaligen Giebel des Aktientheaters. Heute sind im ehemaligen Zürcher Kasino und in Teilen des ehemaligen Barfüsserklosters verschiedene kantonale Gerichte, unter anderem das Zürcher Obergericht, untergebracht.

 

1954 wurde die ganze Häuserzeile an der Unteren Zäune abgebrochen. 1955 bis 1957 entstanden die heutigen Bauten. 1977 kaufte die Zunft Riesbach die beiden Liegenschaften, die heute zum "Grünen Glas" gehören. 1983 wurde die Liegenschaft Obere Zäune 16 mit dem Zunftsaal, der Zunftmeisterstube, dem schönen Altstadtgarten renoviert und erweitert. 1984 wurde das Zunfthaus eingeweiht.